Was kommt da noch?
Die Finanzmärkte sind schwungvoll ins neue Jahr gestartet und erreichten bereits Mitte Januar teilweise mehr als eine durchschnittliche Jahresperformance. Doch mit den wieder aufgeflammten Zinssorgen kehrte anfangs Februar die Nervosität zurück. Spätestens die Turbulenzen im Bankensektor verunsicherten die Anleger komplett und weckten Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008. Die jüngsten Entwicklungen sind eine Folge der jahrelang ausserordentlich expansiven Geldpolitik und dürften noch länger anhalten. Negative Überraschungen sind weiter möglich. Woher könnten sie kommen?
Der Monat Januar gilt gemeinhin als einer der besten Börsenmonate im Jahr. In der Literatur spricht man vom «Januar-Effekt». Zugrunde liegt die Hypothese, dass es eine saisonale Anomalie auf dem Finanzmarkt gebe, bei der die Kurse von Wertpapieren im Januar stärker steigen würden als in jedem anderen Monat. Ob es diesen Effekt wirklich gibt, ist umstritten und hängt wesentlich
von den Anlageklassen und Regionen ab, die man betrachtet. In den USA zum Beispiel ist der Januar keineswegs der beste Monat für Aktien grosser Unternehmen. Rein psychologisch lässt sich der «Januar-Effekt» damit erklären, dass viele Anleger mental den Schalter zu Jahresbeginn wieder auf null gesetzt haben. Das könnte in diesem Jahr durchaus der Fall gewesen sein. Dass die Finanzmärkte
derart schwungvoll ins neue Börsenjahr starteten, war sowohl erfreulich als auch erstaunlich, resultierten doch im Jahr 2022 aufgrund der starken Zinswende in nahezu allen Anlageklassen historische Performance-Einbussen. Zu den Quartalssiegern gehörten denn auch Bereiche, die im vergangenen Jahr ziemlich stark gelitten hatten, wie Unternehmen aus dem Technologiebereich. Auch mit Obligationen konnte wieder ein Ertrag erwirtschaftet werden.
Erstaunlich ist dieser dynamische Start ins neue Börsenjahr auch, weil sich das makroökonomische Bild kaum verändert hat. Zentrale Hauptfigur: die Inflation. Sie ist in allen Regionen immer noch viel zu hoch. Entsprechend ist die stärkste geldpolitische Straffung seit über 40 Jahren immer noch in vollem Gange. Auch im abgelaufenen Quartal erhöhten die wichtigsten Notenbanken ihre Leitzinsen weiter, um dem nochmals gestiegenen Inflationsdruck entgegenzuwirken. Das Ende der Leitzinserhöhungen ist wohl noch länger nicht in Sicht, dafür fallen die Inflationsraten weniger stark als erwartet und erhofft. Zudem entwickeln sich die Konjunktur und der Arbeitsmarkt zu robust, was die Inflation weiter festigen könnte. Als dies die Mehrheit der Marktteilnehmer realisierten, schmolzen im Verlauf des Quartals die Wertzuwächse wieder weg. So auch am Schweizer Aktienmarkt, der die zwischenzeitlich erreichten 6.86 % wieder preisgab und Ende des ersten Quartals mit 5.9 % schloss.
Nach fulminantem Start schmolz der Wertzuwachs am Schweizer Aktienmarkt wieder dahin
Inflationsdruck bleibt
Die Inflationsraten liegen deutlich über der Zielmarke für Preisstabilität. Insbesondere die Kerninflation erhöhte sich in Europa und der Schweiz nochmals. In den USA zeigt sich eine Trendwende. Das Problem insgesamt: Inzwischen finden Preiserhöhungen auf
breiter Basis statt. Zweitrundeneffekte sind deutlich spür- und erkennbar. Das Risiko einer Verfestigung der hartnäckigen Inflation ist gross – zumal nicht nur zyklische, sondern auch strukturelle Faktoren wie die Demografie, die Dekarbonisierung und die Deglobalisierung zunehmend verstärkt mitspielen. Die Schweizerische Nationalbank rechnet bis ins Jahr 2025 mit einer erhöhten Inflationsrate von über 2 % – auch mit dem im März erhöhten Leitzins von 50 Basispunkten. Die Europäische Nationalbank schätzt für 2023 eine Inflationsrate von 5.3 % und für 2024 eine von 2.9 %. Die US-Notenbank Fed rechnet mit 3.3 % im 2023 und 2.5 % im 2024.
Die Notenbanken werden auch im aktuellen Quartal und wohl bis ins zweite Semester hinein die Zinsen weiter erhöhen müssen, um die Inflationsdynamik zu brechen. Dabei geht es vor allem darum, die Inflationserwartungen einzudämmen. Sind diese einmal in den
Köpfen und damit in den zukünftigen Erwartungenzu den Preisentwicklungen drin, ist es schwierig, die Inflation in den Griff zu bekommen. Die Notenbanken werden in diesem Prozess zwar vorsichtig, aber entschieden agieren. Gespannt werden die Anleger
stets auf die Lippen der Notenbanker achten und hineininterpretieren. Die Finanzmärkte dürften nervös bleiben und sensibel auf neue Nachrichten reagieren.
Inflationsraten dürften weiter erhöht bleiben und deutlich über 2 % liegen
Fragilität des Marktes
Wie fragil die Märkte sind und wie schnell die Stimmung kippen kann, zeigte sich zuerst anfangs Februar, als die Konjunkturdaten robuster ausfielen als erwartet, und dann spätestens Anfang März mit den Turbulenzen im Bankensektor – auch wenn es sich hier um ein spezifisches Problem handelt. Sowohl bei den Regionalbanken in den USA als auch bei der Credit Suisse führte ein massiver Vertrauensverlust zu einem regelrechten «Bank Run». Das weckte Erinnerungen an die Finanzkrise 2008, was die Autoren des Bloomberg-Magazins mit dem Fronttitel «What’s Wrong with Banks?» zum Ausdruck brachten. Betrachtet man die verfügbaren Informationen zur Verfassung des Finanzsektors, kann dabei bei Weitem nicht von einer Banken- oder Finanzkrise die Rede sein. Dazu sind die Banken insgesamt zu robust und resilient. Die im Zuge der Finanzkrise verstärkten regulatorischen Anforderungen führten dazu, dass der Finanzsektor insgesamt solvent ist. Die wichtigste Währung der Banken ist und bleibt aber das Vertrauen der Kunden ins Institut. Ist dieses einmal weg, kann es schnell gehen. In Zeiten der Digitalisierung sind Vermögen zügig wegtransferiert. Das kann Finanzinstitute in schwerwiegende Liquiditätsprobleme führen. Hier hilft auch eine stärkere Regulierung bei den Liquiditätsvorschriften wenig.
Zeitenwende für die Kapitalanlage
Finanzmärkte sind komplexe, adaptive und dynamische Systeme und im hohen Masse von menschlichen Verhaltensweisen geprägt. Das führt immer wieder zu schnellen und teils übertriebenen, irrationalen Marktreaktionen. Gerade die aktuelle Phase stellt einen regelrechten realen Stresstest dar, in dem sich die Nebenwirkungen der jahrelang ausserordentlich expansiven Geldpolitik weiter deutlich zeigen. Mit den Leitzinssenkungen und der Geldschwemme mittels der diversen QE-Programme wurden die Finanzmärkte
nach der Finanzkrise 2008 über die Jahre hinweg massiv stabilisiert. Sie gewöhnten sich allerdings auch an diese «Medizin» der Notenbanken. Kam es in der Vergangenheit zu Marktturbulenzen, rannten die Notenbanken zu Hilfe und versorgten die Märkte mit zusätzlicher Liquidität. Diese Zeit ist vorbei. Das ist richtig und wichtig. Denn die zentrale Aufgabe der Notenbanken ist die Sicherstellung von Preisstabilität. Das ist aktuell definitiv nicht gewährleistet. Der Entzug der Medizin, indem die Leitzinsen weiter erhöht und die Notenbankbilanzen abgebaut werden, wird auch in den kommenden Monaten zu starken Verwerfungen führen. Für die Anleger bedeuten weiter steigende Zinsen zwar ein herausforderndes Umfeld. Der Zins als zentraler Bewertungsfaktor aller Anlageklassen verändert die relative Attraktivität laufend. Das bietet aber weiterhin auch Chancen. So ist die Attraktivität von Obligationen gegenüber Aktien deutlich angestiegen und sie wird weiter steigen. Das hilft in der Ausgestaltung robuster Portfolios, um in schwankungsanfälligen Märkten optimal navigieren zu können. Denn Schocks wird es immer wieder geben, gerade im aktuellen Entwöhnungsprozess. Meist kommen sie aus einer Ecke, in denen sie nicht erwartet wurden. Das verunsichert verständlicherweise und wirft die Frage auf, was da noch kommen könnte. Geldpolitik, globaler Schuldenstand, Geopolitik, Handelshemmnisse: Die Risiken und Gefahren sind vielfältig. Klar ist: Die Märkte müssen nachhaltig lernen, ohne die grosse Geldschwemme der vergangenen Jahre klarzukommen. Die Notenbanken werden von ihrer primären Aufgabe nicht abrücken. Das verunsichert viele Anleger im Blick auf die volatile Entwicklung an den Märkten, weil sie verständlicherweise um ihr Vermögen bangen.
Nicht investieren ist keine Lösung
Bei all den im ersten Quartal durchlebten Marktturbulenzen ist es nachvollziehbar, dass die Anleger verunsichert sind. Sein Vermögen deshalb auf dem Konto zu horten, ist aber gerade in der aktuell durch eine erhöhte Inflation geprägten Zeit nicht empfehlenswert. Wie schnell und stark eine über längere Zeit erhöhte Inflation zu einem Kaufkraftverlust führt, zeigt ein einfaches Beispiel. Bei einem Vermögen von CHF 100’000 auf dem Konto resultiert über einen Zeitraum von 5 Jahren bei einer durchschnittlichen Inflation von 3.1 % ein Kaufkraftverlust von 14’200 Franken. Innerhalb einer kurzen Zeit schmilzt durch den negativen Zinseszinseffekt die Liquidität in der Höhe eines Kleinwagens oder einer längeren Ferienreise einer vierköpfigen Familie. Dabei handelt es sich nicht um ein fiktives Beispiel. In den 90er-Jahren erlebten wir ein solches Umfeld, als die Inflation über einen längeren Zeitraum im Durchschnitt bei 3.1 % lag. Anleger zahlen zudem einen hohen Preis beim Verpassen der besten Tage einer Rally. Hätte ein Anleger zum Beispiel am Schweizer Aktienmarkt seit 1987 nur schon die zehn besten Börsentage verpasst, hätte dieser nur noch halb so viele Gewinne erzielt, wie wenn er im gesamten Zeitraum investiert geblieben wäre.
Sein Vermögen im Rahmen der eigenen Risikofähigkeit und mit Fokus auf die finanziellen Ziele zu investieren, bedeutet, einen adäquaten Umgang mit Risiken zu finden. Zum traditionellen und bodenständigen Handwerk der Vermögensverwaltung gehört es, möglichst verschiedene Szenarien durchzudenken und das Portfolio entsprechend auf mögliche Entwicklungen vorzubereiten. Schocks und übertriebene Marktreaktionen wird es immer wieder geben. Sie verunsichern verständlicherweise und führen häufig zu überschnellen und meist irrationalen Anlageentscheiden. Es ist deshalb wichtig, sich überdiese Anlegerfallen im Klaren zu sein und diszipliniert zu bleiben, um langfristig erfolgreich zu sein. Letztlich ist es irrelevant, welche (vielfach unerwartete) Entwicklungen auf einen zukommen. Die Prognose möglicher Schocks ist ohnehin schwierig bis unmöglich. Möglich ist aber, sich auf sie vorzubereiten.
Der Schlüssel liegt in einer optimalen und breiten Diversifikation, um das Risiko von Verlusten durch Schocks zu minimieren sowie an der langfristig ausgerichteten Anlagestrategie festzuhalten. In deren Umsetzung ist ein geschicktes und selektives Vorgehen gefragt. In diesem Prozess unterstützt die Cronberg-Anlagemethodik.
Verpassen der besten Tage führte zu deutlich weniger Wertzuwachs, Investition von CHF 10’000 in den Schweizer Aktienmarkt seit dem Jahr 1987
Alessandro Sgro, Chief Investment Officer
Insight Cronberg Asset Management
Cronberg Strategy Fund ‒ Balanced trotz Marktturbulenzen mit deutlicher Überperformance
Bis Mitte Januar legte der Schweizer Aktienmarkt bis zu +6.86 % zu. Trotz dieses erfreulichen Starts hielten wir an unserer Meinung fest, dass die Märkte 2023 schwankungsanfällig und anspruchsvoll bleiben werden. Die Stimmung zu Jahresbeginn erschien uns zu optimistisch. In unserer Positionierung haben wir deshalb den Fokus darauf gerichtet, die Portfolios robuster aufzustellen und über verschiedene Anlageklassen hinweg zu diversifizieren.
Bei den Aktien realisierten wir selektiv aufgelaufene Kursgewinne und haben uns von Unternehmen getrennt, die im inflationären Umfeld Mühe bekunden, Preissteigerungen an die Endkunden weiterzugeben. Gleichzeitig bevorzugen wir Firmen, die über eine solide Bilanz und eine stabile Margensituation verfügen. Im bisherigen Verlauf der Berichtssaison zeigte sich, dass diese Unternehmen mit den vorgelegten Jahresabschlüssen die Erwartungen übertrafen und die Dividenden an die Aktionäre erhöhen werden.
Ausgelöst durch einen Vertrauensverlust im US-Bankensektor, waren die Finanzmärkte ab Mitte März von sehr hoher Volatilität geprägt. Während dieser Stressphase konnten Obligationen mit hoher Bonität ihre Stärken ausspielen. Ihre Kurse legten innert wenigen Tagen deutlich zu und halfen damit, die Schwankungen in einem ausgewogenen Portfolio abzufedern. Diese Tatsache ist aus Sicht der Portfoliokonstruktion hocherfreulich, war es doch im Jahr 2022 genau dieser negative Korrelationseffekt, welcher nicht funktioniert hatte. Insgesamt resultierte beim Cronberg Strategy Fund mit 7 % netto eine ordentliche Quartalsperformance, während die Medianrendite der in der Schweiz zumVertrieb zugelassenen Anlagefonds mit ausgewogener Strategie bei +1.9 % liegt.
Daniel Schnyder, CFA, Relationship- und Portfoliomanager
Cronberg-Anlagemethodik
Die Cronberg-Anlagemethodik setzt darauf, Aktien mit stetiger Performance und tiefem Risiko zu selektieren – und dies unabhängig vom aktuell vorherrschenden wirtschaftlichen Umfeld. Ein Raster an bekannten und bewährten Kriterien unterstützt in der Auswahl von hochwertigen und soliden Unternehmen, die über ein gutes Momentum verfügen und so die Möglichkeit bieten, gegenüber dem Gesamtmarkt eine Mehrrendite zu erzielen.