Über Erwatungen
Das Börsenjahr ist zu Ende. Es war schwankungsanfällig und glich zuweilen einer Achterbahnfahrt, bot für aktive Anleger aber zahlreiche attraktive Chancen. Bei nahezu allen wichtigen Anlageklassen resultierte eine erfreuliche Performance. Wie sehen die Aussichten für das neue Jahr aus und was heisst das für die Anleger?
Es ist wieder «High Season»: Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter publizieren ihre Prognosen für das kommende Börsenjahr. Meist versehen sie ihre Publikationen mit besonderen und griffigen Titeln wie «Das Jahr der Wende» oder «Das Jahr der Aktien». Das schürt bei den Anlegerinnen und Anleger Erwartungen, grosse Erwartungen. Mental ist das alte Jahr abgebucht. Die Hoffnung ist gross, dass das neue Börsenjahr gut wird, auf jeden Fall soll es viel besser werden als das Vergangene. Denn am Schluss zeigt der langfristige Trend aufwärts und man möchte sein Vermögen schliesslich vermehren.
Betrachtet man die aktuell zur Verfügung stehenden Einschätzungen der Finanzexperten, blickt die Mehrheit mit verhaltener Zuversicht ins neue Jahr. Man rechnet mit einer geordneten Abkühlung. Eine entscheidende Rolle werden die Zentralbanken einnehmen. Die grosse und spannende Frage ist der Zeitpunkt des schon fast sicheren ersten Zinssenkungsschritts wichtiger Notenbanken wie der Federal Reserve aus den USA. Diese Zinssenkungs-Hoffnungen beflügelten zuletzt die Finanzmärkte in ihrem Jahresendrally. Doch jeder, der einmal Statistik-, Zeitreihenanalyse- oder Ökonometrie-Unterricht genossen hat, weiss: Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Dennoch wird von Experten erwartet, dass sie eine Einschätzung abgeben. Das schafft Orientierung und gibt Halt. Treffen die Prognosen nicht ein, liegt schnell eine treffende Begründung vor und am Schluss kann sich ohnehin niemand mehr so genau an die Einschätzungen erinnern. Auch das ist menschlich.
Zwischen Hoffnung und Realität
Wie stark Hoffnung und Realität auseinanderliegen, zeigt eine jährliche Auswertung von Natixis Investment Managers. In einer globalen Umfrage analysieren Sie die langfristige jährliche Performance-Erwartungen von Privatanlegern und den aus Sicht der Experten möglichen, realistischen Erwartungen. Dabei klafft je nach Land ein grosser Graben zwischen Hoffnung und Erwartung der Privatanleger und dem, was aus Sicht professioneller Investoren überhaupt möglich ist. So liegt für die Entwicklung des breiten amerikanischen Aktienmarkts S&P 500 die Erwartung der Privatinvestoren bei 15.6% p.a. und diejenige der professionellen Investoren bei 7.0% p.a. Zum Vergleich: Die durchschnittliche jährliche Performance des S&P 500 liegt für den Zeitraum von 1928 bis 2022 bei 11.5%. In der Schweiz ist die Differenz weniger gross. Private Investoren erhoffen sich 9.6% p.a., professionelle Investoren rechnen mit 6.9% p.a. Auffällig in den Ergebnissen: Die Erwartungen der Privatinvestoren liegen bei allen untersuchten Ländern deutlich über den Prognosen der professionellen Investoren.
Grosser «Expectation Gap»
Performance-Erwartungen von Privatanlegern und professionellen Investoren liegen deutlich auseinander.
Die Treffsicherheit von Prognosen ist begrenzt. Das zeigen die Praxis als auch zahlreiche wissenschaftliche Studien und Analysen. Die Entwicklungen an den Finanzmärkten präzise vorherzusagen ist unmöglich. Immer wieder erfolgen unerwartete, exogene Schocks. Dabei spielt die Psychologie der Anlegerinnen und Anleger eine massgebliche Rolle. An den Märkten interagieren Menschen mit ihren ureigenen Emotionen wie Angst, Gier, Wut oder Freude. So vielfältig diese sind, so unberechenbar sind mögliche Entwicklungen. Letztlich werden an den Finanzmärkten Erwartungen gehandelt. Sie sind durch persönliche Erfahrungen geprägt und so unterschiedlich wie es Anlegerinnen und Anleger hat. Das führt vielfach zu Überreaktionen.
Klare Strategie versus Prinzip Hoffnung
Ob nun ein kräftiger Aufschwung kommt, die Wirtschaft sich zaghaft entwickelt oder gar in eine Rezession kippt: Wir wissen es erst im Nachhinein. Die zukünftige Entwicklung treffsicher vorherzusehen ist unmöglich, auf unterschiedliche Entwicklungen vorbereitet zu sein, hingegen schon. Für den langfristigen Anlageerfolg leistet die Strategische Asset Allokation – die Verteilung des Anlagevermögens auf verschiedene Anlageklassen – den mit Abstand wichtigsten Performance-Beitrag. Und diese Strategische Asset Allokation ergibt sich aus einer seriösen und fundierten Ermittlung des persönlichen Risikoprofils – also der Bestimmung der eigenen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft.
Zukunft bedeutet Unsicherheit und Unsicherheiten mögen viele Menschen nicht. Das beste Rezept aus Anlagesicht ist es, sich an einfache und pragmatische Regeln zu halten. Und die sind hinlänglich bekannt. Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf mit dem Versuch, die Zukunft vorherzusagen. Wichtiger ist es sicherzustellen, dass Ihr Wertschriftendepot robust und krisenfest für verschiedene Szenarien gerüstet ist. Je besser das Risikoprofil auf die Anlagestrategie abgestimmt ist, desto besser gelingt es auch mögliche Krisen und Baissen zu überstehen.