Anatomie der Finanzmärkte

 

In einem Quartal voller geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten haben sich die globalen Finanzmärkte unterschiedlich und sehr schwankungsanfällig entwickelt. Plötzlich spielten Bewertungen und Sicherheit wieder eine grössere Rolle. Vorbei ist die Zeit der teils stark übertriebenen Technologie-Euphorie. Das Positive: Trotz aller Herausforderungen gibt es Unternehmen, die auch in diesem Umfeld für Anleger konstant einen Mehrwert erzielen können. Sie sind durch ihre Resilienz mitverantwortlich für den langfristigen Aufwärtstrend der Aktienmärkte.

Das erste Quartal 2025 liegt hinter uns – und es war alles andere als ein ruhiger Jahresbeginn. Die Finanzmärkte mussten sich durch ein Spannungsfeld aus geopolitischen Konflikten, wirtschaftspolitischen Unsicherheiten sowie geldpolitischen Anpassungen und Pausen navigieren. Besonders die USA sorgten unter Präsident Trump für grosse Unruhe. Die ständige Androhung und Auferlegung von neuen Zöllen in verschiedenste Richtungen belastet nicht nur internationale Handelsbeziehungen, sondern schürt auch die Nervosität und Unsicherheit an den Märkten. Gleichzeitig hält der Krieg in der Ukraine die Welt in Atem, während vorgezogene Neuwahlen in Deutschland zudem für politische Unsicherheit in Europas grösster Volkswirtschaft sorgten.

Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass die Finanzmärkte im ersten Quartal von hoher Volatilität geprägt waren. Während im vergangenen Börsenjahr die wichtigsten Anlageklassen nur die Richtung nach oben kannten, entwickelten sie sich im ersten Börsenquartal sehr unterschiedlich und vor allem sehr volatil. Der weltweit breit diversifizierte MSCI World Index verlor in Schweizer Franken gerechnet 4.4% an Wert, der amerikanische Aktienindex S&P 500 gar 6.8%. Während in den letzten zwei Jahren gut gelaufene Aktienregionen in den ersten Monaten unter Druck gerieten, suchten Investoren Zuflucht in vermeintlich sicheren Häfen. So verzeichnete Gold eine zweistellige positive Performance und auch der Schweizer Aktienmarkt legte zu. In turbulenten Phasen flüchten Anlegerinnen und Anleger in letztgenannte defensive Anlageklassen, was deren Wert steigert.

 

 

Nach zwei Jahren erstaunlichen Aufwärtstrends löst die gegenwärtige Korrektur am amerikanischen Aktienmarkt viele Fragen aus. Seit 1950 gehört sie zur fünftschnellsten. Doch wie aussergewöhnlich ist diese Entwicklung? Ein historischer Vergleich zeigt: Seit 1950 verzeichnete der S&P 500 in insgesamt 34 Quartalen eine gleich schlechte oder schlechtere Negativperformance. Das bedeutet, dass in ungefähr jedem neunten Quartal ähnlich schlechte oder noch grössere Verluste resultierten. Ein besonders drastisches Beispiel bleibt die Finanzkrise 2008: Damals verlor der S&P 500 in einem einzigen Quartal fast ein Viertel seines Werts – eine Dimension, die die aktuelle Korrektur in ein anderes Licht rückt. Was Anleger oft vergessen: Korrekturen gehören zur Natur der Aktienmärkte.

Aktienmärkte bewegen sich nicht linear, sondern in Wellen. Phasen des stetigen Wachstums werden durch plötzliche Rückschläge unterbrochen. Die Preisdynamik der Finanzmärkte ähnelt dem Aufbau und Verlust von Vertrauen – einem fragilen Spiel zwischen Angst und Zuversicht. Vertrauen und Optimismus wächst meist langsam über Jahre. Plötzliche Schocks kommen rasch und unverhofft. Dabei spielt der Faktor Mensch und dessen Psychologie eine zentrale Rolle. Letztlich agieren an den Märkten Menschen, deren Entscheidungen oft emotional geprägt sind – was wiederholt zu Übertreibungen und irrationalen Reaktionen führt. Langfristig aber sind es die wirtschaftlichen Fundamentaldaten, insbesondere die Ertragskraft robuster und innovativer Geschäftsmodelle, die den nachhaltigen Erfolg bestimmen.

 

 

Ein zentrales Thema, das die aktuelle Schwäche des amerikanischen Aktienmarktes prägt, ist die unberechenbare Zollpolitik von Präsident Trump. Die Angst vor einem stark eskalierenden Handelskrieg sorgt für Unruhe unter Investoren und schürt gar die Rezessionsangst. Denn ein solcher Konflikt könnte weitreichende Folgen für die globale Wertschöpfung haben.

Am Liberation Day – also am Tag der Befreiung – am 2. April 2025 wurden gegenüber wichtigen Handelspartnern verschiedene teils heftige Zölle verordnet. Das Ziel ist es damit das Handelsbilanzdefizit zu reduzieren und die heimische Industrie zu stärken. Wie lange die Zölle effektiv gültig sind und ob weitere Folgen, ist unklar. Klar ist jedoch: Trump wird weiterhin wiederholt mit Zöllen drohen und versuchen, die globalen Handelsströme zu seinen Gunsten zu lenken. Doch jüngste Beispiele mit Mexiko oder Kanada zeigen, dass er dabei auch auf Widerstand stösst. Dieses Hin und Her schafft Chaos und Unsicherheit – ein Umfeld, in dem sich kurzfristige Marktreaktionen häufen. Umso wichtiger ist es, den Blick auf langfristig relevante Entwicklungen zu richten. Gerade in solchen Phasen zeigen sich Unternehmen mit besonders robusten Geschäftsmodellen widerstandsfähig: Sie schaffen es, auch inmitten des Trubels stabile Erträge zu erwirtschaften – oftmals sogar entgegen dem allgemeinen Markttrend. Das gilt auch für amerikanische Aktien. Obwohl der Gesamtmarkt im ersten Quartal eine negative Performance verzeichnete, brillierten einige US-Unternehmen wie Brown & Brown, Arthur J. Gallagher, W.R. Berkley, Autozone oder Republic Services mit einer überdurchschnittlichen Performance. Gerade in Phasen erhöhter Volatilität ist neben einer breiten Diversifikation die Selektion von entscheidender Bedeutung. Bei all der vorherrschenden Unsicherheit ist es folglich nicht die Frage, ob man investieren soll, sondern wie – zumal der langfristige Aufwärtstrend nach wie vor intakt ist.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt zudem: Unruhige Phasen sind oft nur von begrenzter Dauer. Bereits während Trumps erster Amtszeit gab es ähnliche Episoden. Im Mai 2019 erhöhte er die Strafzölle auf chinesische Importe von 10 % auf 25 % – eine Entscheidung, die damals ebenfalls zu einer kurzfristigen Korrektur der Aktienmärkte führte. Doch trotz der anfänglichen Turbulenzen folgte keine anhaltende Krise. Stattdessen beruhigten sich die Märkte, passten sich an die neue Realität an und kehrten zu ihrem langfristigen Aufwärtstrend zurück.

 

 

Die langjährige Lehre und Praxis zur Anatomie der Finanzmärkte lehrt Anlegerinnen und Anleger vieles. Sie und damit im gemeinschaftlichen Sinne die Finanzmärkte insgesamt mögen zwar keine Unsicherheit, aber sie sind auf die lange Dauer widerstandsfähig. Kurzfristige Schocks können Panik auslösen. Das ist verständlich und menschlich. Gerade in unruhigen Phasen ist Disziplin und Weitsicht gefordert. Marktkorrekturen gehören zum Investieren dazu. Wer langfristig investiert und sich nicht von kurzfristiger Volatilität verunsichern lässt, hat historisch betrachtet die besten Chancen auf nachhaltigen Erfolg. Der langfristige Verlauf des S&P 500 veranschaulicht dies eindrücklich: Selbst nach Phasen deutlicher Korrekturen – wie Mitte 2019 oder auch nach der grossen Finanzkrise im Jahr 2008 – gelingt es den Aktienmärkten immer wieder, neue Höchststände zu erreichen. Wer sich in solchen Momenten nicht von kurzfristiger Unsicherheit leiten lässt, sondern den Fokus auf das grosse Ganze behält, gut diversifiziert und die Anlagestrategie auf die persönliche Situation abgestimmt hat, wird langfristig mit einer positiven Performance belohnt.

 

Alessandro Sgro,
Chief Investment Officer Cronberg AG

 

Rechtlicher Hinweis
Die vorliegende Präsentation dient ausschliesslich zu Informationszwecken Sie ist nur für den Kunden/die Kundin respektive dessen/deren Bevollmächtigte/r bestimmt und richtet sich insbesondere nicht an Drittpersonen, deren Nationalität oder Wohnsitz den Zugang zu solchen Informationen verbieten. Dieses Dokument stellt weder ein Angebot im rechtlichen Sinne noch eine Aufforderung oder Empfehlung zum Erwerb respektive Verkauf von Finanzinstrumenten dar. Mit jeder Anlage sind Risiken, insbesondere Wert- und Ertragsschwankungen, verbunden. Im Dokument enthaltene historische Wertentwicklungen sind kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Bei Fremdwährungen besteht zusätzlich das Risiko, dass die Fremdwährungen gegenüber der Referenzwährung des Anlegers an Wert verlieren.

Zurück